Prokrastination & Selbstsabotage - was dahinter steckt

 
 

Jeder von uns schiebt manche Dinge gern auf. Zahnarztbesuch, Steuererklärung, Laub harken. Wir wissen genau warum. Meist sind es einfach lästige Dinge, die keinen Spaß machen oder sogar sehr unangenehm sind. Wir warten ab, bis der Druck groß genug wird, um diese Dinge dann doch zu erledigen. Natürlich wäre es schön, wenn wir das alles diszipliniert sofort erledigen würden, aber wir kommen auch so gut durchs Leben.

Dann gibt es aber noch Fälle von Prokrastination, die nicht erklärbar sind. Wo auch höchster Druck nicht zum Handeln führt und große Chancen verpasst werden. Wo sämtliche Coaching-Tipps “wie werde ich effizienter” etc. nicht anschlagen.

Ich arbeite immer wieder mit Menschen, die alle Voraussetzungen mitbringen, um erfolgreich zu sein; Talent, gute Ideen, Tatkraft, Motivation. Trotzdem kommen sie an verschiedenen Punkten nicht weiter. Es gibt von außen betrachtet keinen Grund dafür. Da wird aufgeschoben, ausgewichen, sich verzettelt und mit anderen „wichtigen Dingen“ abgelenkt.

„Dabei geht es doch um meinen größten Wunsch. Warum mache ich das nicht?“

Da sie die Frage allein nicht beantworten können, fange viele leider an, sich selbst zu kritisieren und zu verurteilen.

„Wahrscheinlich weiß ich, dass ich im Grunde zu schlecht dafür bin.“ „Ich bin einfach faul.“ „Ich kann mich nicht organisieren.“ „Es gibt wichtigere Dinge, die zu erledigen sind.“ „Ich bin zu ängstlich.“ „Das hat eh keinen Sinn.“

Keins dieser Argumente stimmt, aber die Leute gehen erbarmungslos mit sich ins Gericht aus lauter Enttäuschung, Ärger und Verzweiflung.

Zu schade, denn ihre Vorhaben, Ideen und Talente sind meistens großartig und die Welt wäre reicher, wenn sie sie teilen würden.

Was ist denn aber der Grund, wenn wir ausgerechnet Vorhaben nicht umsetzen, die uns besonders am Herzen liegen?

Angst ist zu allgemein. Und Angst ist überwindbar. Die Schwierigkeit liegt darin, zu erkennen, wovor wir Angst haben. Die Gründe, die uns spontan einfallen sind meistens nicht die wahren. Manchmal haben sie oberflächlich damit zu tun und sind zumindest ein Hinweis auf die Wurzel, die wir finden müssen.

Hinter sehr vielen Fällen von unerklärlicher Aufschieberei und Vermeidung liegt, dass wir uns nicht erlauben wollen, uns so zu entwickeln und zu zeigen, wie wir es uns wünschen. Hier wird es dann spannend.

Normalerweise wissen wir längst nicht mehr, was die Gefahr ist, die uns angeblich droht, sollten wir tatsächlich unser volles Potenzial leben. Sich darüber bewusst werden ist der Schlüssel, um die Selbstsabotage zu beenden.

Die Wurzeln dafür liegen nicht nur sehr weit in unserer Vergangenheit, sondern wir haben über die Jahre sehr viele und geschickte Begründungen darum herum ranken lassen, damit wir uns von jedem Versuch fern halten, doch in diese unerwünschte Richtung zu laufen.

„Ich bin nicht gut genug.“ „Ich hab nie Glück.“ „Ich bin so unorganisiert.“ „Ich habe die falsche Herkunft/die falsche Erziehung.“ „Ich habe Verpflichtungen gegenüber anderen, die mir keine Zeit dafür lassen.“

Die wahren Gründe sind meist existentielle Ängste, die weit über „Angst, sich lächerlich zu machen“ etc. hinaus gehen. Hat man sie einmal ausgegraben, erscheinen sie oft irrational, aber zum Zeitpunkt, als sie entstanden, hatten sie - zumindest subjektiv - eine Berechtigung.

Selbst wenn uns das Schicksal eine Gelegenheit nach der anderen vor die Füße legt, schaffen es manche von uns immer noch, diese Gelegenheiten verstreichen zu lassen. Manche können die gute Gelegenheit sogar so uminterpretieren, dass es für sie eine ganz schlechte Situation ist, selbst wenn kein anderer versteht, wovon sie reden. Andere schaffen es, dass immer dann, wenn sich die Möglichkeit bietet voranzukommen, Personen auftauchen, die unbedingt ihre Unterstützung, Aufmerksamkeit, Hilfe brauchen. Zu gern würden sie loslegen und ihrer Berufung folgen, aber leider müssen sie sich schon wieder um das Leben anderer kümmern. Natürlich ist das reiner Zufall. Oder doch nicht?

Es ist immer wieder faszinierend, wenn jemand beginnt die eigenen Begründungen zu hinterfragen, warum er sein Ziel nicht erreichen kann. Warum sie ihr Glück nicht finden kann. Warum der Herzenswunsch ständig verwehrt bleibt. Das Leben verändert sich dann nicht nur in diesem einen Gesichtspunkt, sondern umfangreich. Manchmal ist es genau das, was man verhindern möchte.

Geht man dem inneren Ruf nicht nach, bleibt immer die nagende Frage, was wäre wenn. Es bleibt diese innere Traurigkeit und Sehnsucht, mal leise mal laut, die man verdrängen und übertönen muss.

Irgendwann ist man sogar mit Dingen und Personen im Leben unzufrieden, die gar nichts dafür können.

Gesünder ist es, diesem beharrlichen Ruf trotz Angst Beachtung zu schenken. Die Veränderungen im Leben sind dann meist sowieso ganz anders, als wir erwartet haben.

Wenn wir dieses innere Drängen zu Wort kommen lassen, finden sich Wege, Schritt für Schritt inneren Frieden zu erlangen.

Teamqualitäten in der Chefetage: Warum sie entscheidend sind für den Unternehmenserfolg


 
 

Zusammenarbeit in Teams ist ein Thema, das in der Geschäftswelt viel Beachtung finden. Unternehmen investieren viel Zeit und Geld in Teambuilding-Seminare für ihre Mitarbeiter und in diesen liegt große Betonung auf Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Zusammengehörigkeit und auf dem Einsatz für ein gemeinsames Ziel.

Seltsamerweise wird in der Chefetage immer noch oft angenommen, dass diese Werte und Teamfunktionen dort von selbst vorhanden sind.

Ein Klient, Seniorpartner in einem etablierten Unternehmen, sah sich kürzlich mit diesem Problem konfrontiert. Sein Unternehmen, das seit 30 Jahren erfolgreich am Markt agierte und mittlerweile 10 Partner:innen umfasste, stand vor dem Zusammenbruch. Nicht finanziell, sondern weil zwei vor drei Jahren eingestellte Partner:innen intern nicht mehr tragbar waren. Nun kann man sich von Partnern noch schwieriger trennen als von langjährigen Mitarbeitern mit Kündigungsschutz. Am Ende stand eine teure Spaltung des Unternehmens.

"Ich dachte immer, in der Chefetage läuft es anders", sagte er. Doch die Chefetage ist im Kern eben auch ein Team.

Obwohl Führungs-Seminare gern die Vorbild-Chefs:innen hervorheben, entspricht das nicht immer der Realität. In vielen Chefetagen überwiegen Einzelgänger:innen, die zwar fachlich brillant und durchaus freundliche Menschen sind, aber keine Teamplayer. Weder gegenüber der Belegschaft, noch gegenüber den Partner:innen.

Da in der Geschäftsführung die Befugnisse normalerweise klar aufgeteilt sind, haben manche Unternehmer die Einstellung, man könne sich in der Chefetage aus dem Weg gehen, solange die Aufgaben jeweils gut erfüllt werden. Je mehr Leute in der Chefetage, desto mehr Kompromisse werden bei der Zusammensetzung gemacht.

Warum sollten Teamqualitäten in der Chefetage eine große Rolle spielen?

Reicht es nicht aus, dass alle fachlich kompetent und erfolgsorientiert sind? Die eigenen Ziele hinter dem gemeinsame Ziel zurückstellen - das ergibt sich doch in der Chefetage von selbst, oder nicht?

Was für Mitarbeiterteams gilt, muss erst recht in der Chefetage gelten. Das ist aber (auch dort) nicht immer der Fall. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass das gemeinsame Ziel in vielen Fällen auf "möglichst viel Umsatz generieren" reduziert wird, um damit persönliche Ziele zu verwirklichen, die im Vordergrund stehen.

Das trifft umso häufiger zu, je später die Partner:innen in das Unternehmen kommen und es nicht von Grund auf mit aufgebaut haben. Viel Umsatz generieren ist natürlich ein wichtiger Aspekt, aber als übergeordnetes Ziel nicht geeignet, um ein Team - oder ein Unternehmen - auf Dauer zusammenzuhalten.

Oder wie ist es mit: Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität und Respekt?

Bei der Auswahl neuer Partner:innen bleibt oft unbeachtet, wie sie mit den Mitarbeiter:innen umgehen.

Dabei zeigt sich immer wieder: wie sie mit den Mitarbeitern umgehen, gehen sie auch mit den Partnern um, wenn es mal hart auf hart kommt.

Im obigen Fall unseres Klienten wurde schmerzhaft deutlich, was es bedeutet, Teamqualitäten bei der Auswahl der Partner:innen außer Acht zu lassen. Die neuen Partner:innen brachten zwar frischen Wind und Umsatzpotenzial mit, aber ihre mangelnde Teamorientierung führte zu gravierenden internen Konflikten. Die Partner:innen kämpften nicht nur gegen die Konkurrenz, sondern auch gegen die Partner:innen. Es wurde ohne jeden Respekt in fremde Befugnisse eingegriffen, meist mit dem Argument der Kosteneffizienz und Leistungsoptimierung. Es wurden mehr Rechte und Anteile gefordert, jeder Vorteil ausgereizt und der Ton gegenüber Mitarbeitern war im allgemeinen hoherrschaftlich.

Die Situation spitzte sich in den Augen des Klienten zu, als eine langjährige Mitarbeiterin kündigte. „Sie fühlte sich dem Unternehmen stark verbunden, so dass ich endlich begriff, dass unsere Versäumnisse zu groß geworden waren.“ Zu lange hatte man die Neuen verändern lassen, was das Unternehmen einmal ausgemacht hatte. "Wir haben die Kritik der Mitarbeiter überhört, die wachsende Fluktuation heruntergespielt, und stattdessen immer wieder Eingeständnisse gemacht. Die Umsätze waren insgesamt sehr gut. Die Mehrheit von uns wollte sich nicht auseinandersetzen", gestand der Klient. „Wir haben viel zu tun und jeder möchte seine Ruhe.“ Leider nicht ganz jeder.

Als die alten Partner:innen versuchten, gegenzulenken, eskalierte die Situation. Die neuen Partner:innen akzeptierten keine Grenzen und begannen den internen Kampf. "Mir ist noch nie von Partner:innen offen gedroht worden. Das war ein Novum", sagte der Klient. Danach spaltete sich die Chefetage in zwei Lager, denn es gibt auch dort immer Personen, die sich lieber auf die Seite der vermeintlich Stärkeren bzw. Lauteren stellen.

„Ich habe meine Arbeit immer geliebt, aber plötzlich verspürte ich eine Müdigkeit und teilweise sogar eine Unlust, die Büroräume zu betreten“, sagt der Klient. Trotzdem dauerte es noch einige Monate bis es ihm und ein paar anderen Partner:innen reichte und ihnen die Aufspaltung des Unternehmens lieber war als alles andere.

Was hätte man anders machen können?

1.Vor der Auswahl neuer Partner:innen hätte man sich ganz bewusst gemeinsam auf die Unternehmenswerte verständigen sollen. Das erkannte der Klient für sich.

„Wir dachten, das wäre nicht nötig, weil es jahrelang gut lief. Aber deshalb war uns gar nicht bewusst, warum es gut funktioniert hatte“, sagt er. „Wären wir uns dieser gemeinsamen Werte bewusst gewesen - über unseren Unternehmenszweck hinaus - hätten wir auch bei den Kandidaten darauf geachtet, ob sie diese unterstützen.“

2.Teamqualitäten sind auch bei der Auswahl in der Geschäftsführung nicht außer Acht zu lassen.

„Wir machten uns Sorgen, dass wir den Anschluss verpassen könnten und mehr Bereiche abdecken müssten. Wir suchten neue Schubkraft und Erfahrung, am besten mit bestehenden Kontakten.“ Gesagt getan. „Die neue Dynamik hatten wir dann. Nur ganz anders als gedacht. Sie ersetzte die gesamte bisherige Dynamik.“

Und das drehten nur zwei von zehn Partnern um?

„Wir hätten es verhindert, wenn wir von Anfang an mehr auf die Zusammensetzung unserer Chefetage geachtet hätten. Das fing nicht erst mit diesen letzten beiden Personen an, es begann schon Jahre davor. Nur hatten wir immer Glück, dass die Mehrheit unserer Ursprungswerte noch überwog, aber das war eher Zufall.“ Damit war die Möglichkeit für die beiden Neuen da, die Geschäftsführung zu zersetzen. „Rückblickend hatte es was von einem Tumor, der sich langsam überall reinfrisst“, stellte der Klient fest.

Ein Unternehmen zu führen bedeutet nicht nur Verantwortung und steten Einsatz im Außen, sondern auch steten Einsatz im Inneren.

„Der ursprüngliche Kern der Chefetage war unterschiedlich im Charakter, aber uns allen war immer ein gutes Miteinander wichtig, unter uns Partner:innen und mit unseren Mitarbeitern“, erzählte der Klient. „ Die meisten von uns sind Einzelgänger, allerdings recht soziale. Deshalb hatten wir aber auch wenig Bewusstsein für Teamqualitäten und ihre Bedeutung. Was wir nicht bemerkt haben war, dass es immer mehr Arbeit bedarf, eine solche Atmosphäre aufrecht zu erhalten, je größer das Unternehmen wird. Diese Arbeit muss als erstes in der Chefetage erledigt werden. Trotz all der Tagesarbeit, die zu tun ist.“

Denn der Fisch stinkt immer vom Kopf her.

Schneller merkte eine andere Klientin, wohin die Reise mit ihrer Partnerin ging. Beide seit mehreren Jahren in derselben Branche selbständig tätig, schlossen sich zu einer Firma zusammen. Das gemeinsame übergeordnete Ziel schien auch gegeben „Frauenempowerment“. Nur stand dieses gemeinsame Ziel nicht bei beiden im Vordergrund.

„Nach wenigen Monaten merkte ich, dass die Partnerin zwar die Vorteile des Unternehmertums genoss, aber ansonsten lieber wie eine Angestellte arbeiten wollte. Das war wahrscheinlich der eigentliche Grund, dass sie sich zusammenschließen wollte.“ Leider kann man unter Partnern nur schwer eine Probezeit vereinbaren. Aber immerhin war hier noch Gelegenheit, sich ohne große Verluste wieder zu trennen. „Ich hätte mir diese Erfahrung ersparen können“, gestand die Klientin. „Aber ich habe bei meiner Entscheidung nur auf Fakten geachtet wie Berufserfahrung, Kontakte, die mitgebracht wurden, Qualifikationen. Menschlich schien es recht gut zu passen, das reichte mir. Den Rest habe ich als selbstverständlich vorausgesetzt.“

Auch zwei Leute bilden bereits ein Team. Es heißt nicht umsonst Partnerschaft. Sozius bedeutet „Begleiter, Gefährte, Freund“. Gefährten muss man auch auf längere Zeit an seiner Seite ertragen können.

Interessanterweise hat sich nie der Begriff Familie dafür durchgesetzt. Gern wird aber Teams und Abteilungen gepredigt, die Mitarbeitenden sollten sich „wie eine Familie“ fühlen. Der Vergleich hinkt leider. Denn Hand auf’s Herz, das System Familie ist für Therapeuten und Coaches ein unerschöpflicher Quell an Klienten mit Problemen, die darin wurzeln. Und so manches Familienunternehmen zersplittert in der Chefetage, weil Teamqualitäten dort nicht existieren.

Fazit:

Natürlich muss man fachlich für die Chefposition geeignet sein und außerdem ein gewisses Unternehmer-Mindset mitbringen. Doch gehören zu diesem Mindset auch Teamqualitäten. Sie sind auf Dauer ebenso entscheidend für den Unternehmenserfolg. Deshalb ist es eine gute Sache, wenn sich auch die Geschäftsführung eines Unternehmens in regelmäßigen Abständen zusammenfindet - im besten Fall sogar mit Moderation - und zwar nicht, um geschäftliche Entscheidungen zu besprechen, sondern um sich daran zu erinnern, dass sie ein Team sind und was ein Team ausmacht.

Immer mehr Fehlzeiten wegen Depression und Angststörungen - wie kommt es dazu?

 
 

In der letzten Zeit gab es Artikel zu dem Thema (u.a. tagesschau.de), dass laut Studien immer mehr Fehlzeiten bei Mitarbeitern auf psychischen Probleme beruhen. Dabei werden Depressionen, Anpassungs- und Angststörungen genannt. Die Zahl solcher Krankschreibungen steigt rapide nach Angabe der Krankenkassen und sei besorgniserregend und alarmierend. Aus dem Zuwachs der Fehlzeiten wird der Schluss gezogen auf einen Zuwachs schwerer und langwieriger Fälle. Ob dieser Schluss wirklich zwingend ist, ist fraglich. Leider wird immer betont, dass die Belastungen allein am Arbeitsplatz liegen müssen.

Ist das so?

Die Praxis zeigt mir, dass an das Thema viel umfassender herangegangen werden muss und die Betroffenen in allen Lebensbereichen Überlastungen und Druck spüren.

Um gesund zu werden ist für die Betroffenen weniger die Frage wichtig: wo genau rührt die Belastung her?, sondern vielmehr: wie erlebe ich Belastungen? Wie reagiere ich darauf und wo (und wie) ziehe ich meine Grenzen?

Warum häufen sich die Krankschreibungen wegen psychischer Erschöpfung?

Eigentlich ist es kaum verwunderlich. Seit Corona kommen die Menschen aus den schlechten Nachrichten nicht mehr heraus. Der Fokus wird in allen gesellschaftlichen Bereichen - un den Medien - überwiegend auf Negatives gerichtet. Kriege, Wirtschaftskrisen, Engpässe, Klimakatastrophen, sozialer Abstieg, Armut, Pflegekrise. Die Liste ist unendlich. Dazu werden negative Prognosen aufgestellt, die Betonung liegt dabei auf allen Aspekten, die nicht stimmen. Wird über Maßnahmen zur Verbesserung geredet, wird gleichzeitig betont, welche negativen Auswirkungen und Einschränkungen diese Maßnahmen auf das Leben der Einzelnen haben wird.

Unter einer solchen negativen Dauerbefeuerung brechen viele Menschen zwangsläufig zusammen.

Weil wir als Kinder nicht gelernt haben, in gesunder Weise mit schlechten Nachrichten umzugehen. Die einen wurden von allem Negativen abgeschirmt, den anderen wurde vermittelt, dass die Umstände grundsätzlich schlecht, einschüchternd und für den Einzelnen unveränderbar sind.

Vor allem aber lernten die meisten von uns eines nicht: einen gesunden Abstand einzunehmen. Damit ist nicht ignorieren oder leugnen gemeint. Aber auch nur eine emotionale Distanz zu Situationen einzunehmen ist vielen fremd und wird gesellschaftlich oft nicht einmal akzeptiert.

Diese emotionale Distanz (nicht Taubheit) hält uns aber gesund, unseren Verstand klar und unsere Entscheidungsfähigkeit aufrecht.

Das trifft übrigens nicht auf alle Menschen zu: es gibt Menschen, die aus heißen Diskussionen und emotionalen Dramen Energie ziehen. Ob Ekstase oder Aggression, sie können nur besonders starke Emotionen wirklich spüren. Ihnen geht es in diesen Situationen gut, auch, wenn sie das nicht so bezeichnen würden.

Die Mehrheit von uns aber braucht diesen Level nicht zum Leben und kann ihn auf Dauer auch nicht aushalten.

Ist immer der Job Schuld?

Nicht immer ist der Job der alleinige Auslöser für die Erschöpfungs- oder Angstzustände. Er ist nur leider für die meisten auch keine Erholung von den alltäglichen negativen Eindrücken. Es wird in Unternehmen zwar immer mehr über Burnout und Mitarbeitergesundheit geredet, gleichzeitig wird trotzdem mehr Leistung gefordert in kürzerer Zeit. Aufgrund von Personalmangel, Wirtschaftskrise etc. Anders geht es angeblich nicht.

Wir reden an allen Ecken von Entschleunigung und die Meditations-Bücher und -Apps überschwemmen den Markt. Doch außerhalb der Bücher und Apps arbeiten wir nur an Beschleunigung. Selbst die Urlaubsplanung wird für die meisten zum Leistungsstress.

Es entstehen diffuse Ängste, die eigenen vermengen sich mit denen der Mitmenschen, ohne das wir sie auseinander halten. Wir sind uns nicht einmal bewusst, wie sehr wir uns (stressenden) Einflüssen von Außen aussetzen, gerade auch in unserer Freizeit.

Vollkommen überfordert sind Körper und Geist irgendwann so ausgelaugt, dass depressive Verstimmungen fast schon zwangsläufig sind.

Dazu kommen handfeste physische Belastungen, denn viele erholen sich immer noch von den Folgen der Coronaerkrankungen. Auch hier wird allgemein erwartet, dass alle wieder so funktionieren wie vor vier Jahren. Es werden also auf der einen Seite die Belastungen und Herausforderungen dieser Zeit betont und auf der anderen Seite darf das keine Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben.

Was kann man nun selber tun, wenn man psychisch in diese Negativspirale geraten ist?

Müssen psychische Erkrankungen wie Angstzustände und depressive Zustände wirklich immer lange Behandlungen erfordern? Dies ist eine Sichtweise - eben eine von vielen -, die negativ fokussiert ist, ohne Ausnahmen und Alternativen zuzulassen.

Gerade spontan auftretende depressive Zustände und Erschöpfungs- und Angstzustände sind oft gut zu behandeln. Hier gibt es seit vielen Jahren schon zahlreiche Methoden, die allesamt eins gemeinsam haben: Den Betroffenen helfen, den Fokus zu verändern, mit dem eigenen Körper wieder in Kontakt zu treten und das eigene Verhalten und Denken zu lenken.

In Angstzuständen und Depressionen haben wir die Kontrolle abgegeben. Wir fühlen uns machtlos, unbedeutend, überfordert.

Sind die Umstände denn etwa nicht schlimm, die Hektik im Büro, die Ansprüche von Außen, die Kriege, das Klima?

Natürlich sind diese Umstände da. Doch was in unserem Inneren abläuft, das können wir selbst bestimmen. Wie sehr wir uns mit den äußeren Dramen identifizieren und „eins fühlen“, das bestimmen wir. Ob wir uns darin verlieren oder lebens- und handlungsfähig bleiben, das liegt bei uns. Nur haben wir nie bewusst gelernt, wie wir das machen.

Nicht immer ist es notwendig in langen Therapien in der Vergangenheit zu wühlen und sie zu analysieren, um psychische Probleme in der Gegenwart zu lindern. Denn wir erleben diese Stimmungen im Jetzt, was bedeutet, wir kreieren sie im Moment. Natürlich hilft die Kenntnis der Vergangenheit, um das eigene Verhalten zu verstehen, aber die Aufmerksamkeit sollte ausgewogen verteilt werden auf Ursprungsforschung und konkreter Selbsthilfe in der Gegenwart.

Lernen, sich selbst zu helfen

In vielen Fällen ist es bei meinen Klienten sogar notwendig, erst einmal nur Selbsthilfetechniken für den Augenblick zu erlernen, um den eigenen Zustand zu verbessern.

Erst dann sind wir in der Lage, uns den Ursprüngen unserer Probleme zu stellen. Schwimmen wir noch im Sud unserer Machtlosigkeit, Überforderung, Ängste und Sorgen - wie sollen wir da eine Lösung finden?

Wenn wir erlebt haben, wie wir selbst unser Denken und Fühlen positiv beeinflussen können, wenn auch nur für einen Augenblick oder einen Tag, dann können wir erst die Möglichkeit akzeptieren, auch dauerhaft Änderungen zu erreichen.

Meditation ist ein Weg, wieder mit dem Inneren und den eigenen Fähigkeiten in Kontakt zu kommen. Für viele ist aber Mediation zu hoch angesetzt. Mediation ist anspruchsvoll und nicht schnell nebenbei gelernt. Die meisten von uns sind viel zu sehr im Außen gefangen, um sich auf eine Meditation einlassen zu können. Da braucht man Methoden, die einen dort abholen, wo man gerade ist.

In den meisten Fällen wird eine erstaunliche Wirkung erzeugt, wenn es gelingt, nur für wenige Augenblicke die Aufmerksamkeit nach innen zu richten und den Automatismus im Denken und Fühlen zu durchbrechen. Dabei eignen sich Techniken, die auch sensorisch sind, weil es uns so schwer fällt, den Kopf „frei“ zu bekommen.

Um psychische Gesundheit zu fördern (und damit auch unsere physische), ist es wichtig zu erkennen, wie wir selbst - jeder individuell - die äußeren Umstände im Inneren repräsentieren und mit ihnen umgehen. Gleichzeitig die Vielfalt kennenzulernen, wie man damit umgehen könnte. Und schließlich zu lernen, wie wir tatsächlich unser Empfinden von und unseren Umgang mit Situationen ändern können, selbst, wenn wir derzeitig nicht sehen, was wir im Außen ändern könnten.

Interessanterweise ergeben sich danach oft Änderungschancen im Außen, mit denen man nicht gerechnet hatte.

Hierauf liegt letztlich der Schwerpunkt in meinen Sitzungen und das (Wieder-)Erlernen dieser Fähigkeiten ist Hauptinhalt in unseren Seminaren zum Erlangen mentaler Stärke und Unerschütterlichkeit.

Einen kleine Übung zum Schluss, um akute Stresssituationen, Angstzustände oder starke emotionale Belastung zu unterbrechen:

1. Lege die Hand aufs Herz

2. Konzentriere dich vollkommen auf dein Herz. Stelle es Dir zum Beispiel als warmes, helles Feld vor

3. Atme für zwanzig Sekunden tief ein und aus und zähle die Atemzüge, mit der Aufmerksamkeit ganz bei Deinem Herzen

4. Frage Dein Herz, was Du jetzt für Dich tun sollst

Forschungen des HeartMath Institute in Californien haben ergeben, dass die Konzentration auf das Herz, die Ausschüttung von Stresshormonen messbar reduziert. Wenn die Aufmerksamkeit vom Kopf zum Herzen geht, führt das augebnlicklich zu einer Entspannung im Körper und aktiviert hormonelle Abläufe, die uns unter anderem helfen, wieder klar zu denken.