Prokrastination & Selbstsabotage - was dahinter steckt

 
 

Jeder von uns schiebt manche Dinge gern auf. Zahnarztbesuch, Steuererklärung, Laub harken. Wir wissen genau warum. Meist sind es einfach lästige Dinge, die keinen Spaß machen oder sogar sehr unangenehm sind. Wir warten ab, bis der Druck groß genug wird, um diese Dinge dann doch zu erledigen. Natürlich wäre es schön, wenn wir das alles diszipliniert sofort erledigen würden, aber wir kommen auch so gut durchs Leben.

Dann gibt es aber noch Fälle von Prokrastination, die nicht erklärbar sind. Wo auch höchster Druck nicht zum Handeln führt und große Chancen verpasst werden. Wo sämtliche Coaching-Tipps “wie werde ich effizienter” etc. nicht anschlagen.

Ich arbeite immer wieder mit Menschen, die alle Voraussetzungen mitbringen, um erfolgreich zu sein; Talent, gute Ideen, Tatkraft, Motivation. Trotzdem kommen sie an verschiedenen Punkten nicht weiter. Es gibt von außen betrachtet keinen Grund dafür. Da wird aufgeschoben, ausgewichen, sich verzettelt und mit anderen „wichtigen Dingen“ abgelenkt.

„Dabei geht es doch um meinen größten Wunsch. Warum mache ich das nicht?“

Da sie die Frage allein nicht beantworten können, fange viele leider an, sich selbst zu kritisieren und zu verurteilen.

„Wahrscheinlich weiß ich, dass ich im Grunde zu schlecht dafür bin.“ „Ich bin einfach faul.“ „Ich kann mich nicht organisieren.“ „Es gibt wichtigere Dinge, die zu erledigen sind.“ „Ich bin zu ängstlich.“ „Das hat eh keinen Sinn.“

Keins dieser Argumente stimmt, aber die Leute gehen erbarmungslos mit sich ins Gericht aus lauter Enttäuschung, Ärger und Verzweiflung.

Zu schade, denn ihre Vorhaben, Ideen und Talente sind meistens großartig und die Welt wäre reicher, wenn sie sie teilen würden.

Was ist denn aber der Grund, wenn wir ausgerechnet Vorhaben nicht umsetzen, die uns besonders am Herzen liegen?

Angst ist zu allgemein. Und Angst ist überwindbar. Die Schwierigkeit liegt darin, zu erkennen, wovor wir Angst haben. Die Gründe, die uns spontan einfallen sind meistens nicht die wahren. Manchmal haben sie oberflächlich damit zu tun und sind zumindest ein Hinweis auf die Wurzel, die wir finden müssen.

Hinter sehr vielen Fällen von unerklärlicher Aufschieberei und Vermeidung liegt, dass wir uns nicht erlauben wollen, uns so zu entwickeln und zu zeigen, wie wir es uns wünschen. Hier wird es dann spannend.

Normalerweise wissen wir längst nicht mehr, was die Gefahr ist, die uns angeblich droht, sollten wir tatsächlich unser volles Potenzial leben. Sich darüber bewusst werden ist der Schlüssel, um die Selbstsabotage zu beenden.

Die Wurzeln dafür liegen nicht nur sehr weit in unserer Vergangenheit, sondern wir haben über die Jahre sehr viele und geschickte Begründungen darum herum ranken lassen, damit wir uns von jedem Versuch fern halten, doch in diese unerwünschte Richtung zu laufen.

„Ich bin nicht gut genug.“ „Ich hab nie Glück.“ „Ich bin so unorganisiert.“ „Ich habe die falsche Herkunft/die falsche Erziehung.“ „Ich habe Verpflichtungen gegenüber anderen, die mir keine Zeit dafür lassen.“

Die wahren Gründe sind meist existentielle Ängste, die weit über „Angst, sich lächerlich zu machen“ etc. hinaus gehen. Hat man sie einmal ausgegraben, erscheinen sie oft irrational, aber zum Zeitpunkt, als sie entstanden, hatten sie - zumindest subjektiv - eine Berechtigung.

Selbst wenn uns das Schicksal eine Gelegenheit nach der anderen vor die Füße legt, schaffen es manche von uns immer noch, diese Gelegenheiten verstreichen zu lassen. Manche können die gute Gelegenheit sogar so uminterpretieren, dass es für sie eine ganz schlechte Situation ist, selbst wenn kein anderer versteht, wovon sie reden. Andere schaffen es, dass immer dann, wenn sich die Möglichkeit bietet voranzukommen, Personen auftauchen, die unbedingt ihre Unterstützung, Aufmerksamkeit, Hilfe brauchen. Zu gern würden sie loslegen und ihrer Berufung folgen, aber leider müssen sie sich schon wieder um das Leben anderer kümmern. Natürlich ist das reiner Zufall. Oder doch nicht?

Es ist immer wieder faszinierend, wenn jemand beginnt die eigenen Begründungen zu hinterfragen, warum er sein Ziel nicht erreichen kann. Warum sie ihr Glück nicht finden kann. Warum der Herzenswunsch ständig verwehrt bleibt. Das Leben verändert sich dann nicht nur in diesem einen Gesichtspunkt, sondern umfangreich. Manchmal ist es genau das, was man verhindern möchte.

Geht man dem inneren Ruf nicht nach, bleibt immer die nagende Frage, was wäre wenn. Es bleibt diese innere Traurigkeit und Sehnsucht, mal leise mal laut, die man verdrängen und übertönen muss.

Irgendwann ist man sogar mit Dingen und Personen im Leben unzufrieden, die gar nichts dafür können.

Gesünder ist es, diesem beharrlichen Ruf trotz Angst Beachtung zu schenken. Die Veränderungen im Leben sind dann meist sowieso ganz anders, als wir erwartet haben.

Wenn wir dieses innere Drängen zu Wort kommen lassen, finden sich Wege, Schritt für Schritt inneren Frieden zu erlangen.