Angefressene Kekse - unangenehme Vertretung delegieren (und Fehler, die alles kaputt machen)

 
 

Keine Lust, angefressene Kekse zu bearbeiten?

Letztens beschwerten sich Mitarbeiter in einem Workshop, dass sie „angefressene Kekse“ der Kollegen bearbeiten müssen.

Genauso hörte ich in anderen Fällen die Führungskräfte jammern, dass es immer so schwierig sei, Mitarbeitende dazu zu bewegen, Kollegen zu vertreten.

Na gut, wer will schon angefressene Kekse, kann man denken.

Aber bei genauem Hinhören und Nachfragen, ging es nicht um unfertige Arbeit, oder Mehrarbeit, zu der Kollegen nicht bereit sind, sondern um Fehler, die die Führungskraft und der/die ursprüngliche Mitarbeiter:in leicht hätten verhindern können:

  1. Unklarheit

  2. Unehrlichkeit

  3. mangelnde Wertschätzung.

Ich würde behaupten, dass in mindestens 80 % der Fälle Mitarbeitende keineswegs unwillig sind, Ihren Kollegen unter die Arme zu greifen. (In diesem Artikel geht es nicht um die anderen 20 %, mit denen man sich auch herumschlagen muss!)

Sie sind unzufrieden mit dem „Wie“ ihnen diese Arbeit zugeschoben wird.

Das erinnert tatsächlich oft an angefressene Kekse, die den Vertretern achtlos auf den Tisch geworfen werden. Der Eindruck „ich mag nicht mehr, iss Du mal“ drängt sich da sehr auf.

Wie kann eine Führungskraft das verhindern?

1. Zum einen ist da natürlich der Mitarbeiter selbst, der in Urlaub/in Elternzeit gehen will oder das Unternehmen verlässt.

Schön wäre es natürlich, wenn sie gewissenhaft die Übergabe und ein Onboarding für die Kollegen vorbereiten und transparent über den Stand der Dinge Auskunft geben. Die Informationen müssen bereits transparent und ehrlich an die Führungskraft gegeben werden, die für Vertretung sorgen soll.

Problem: Die Person, die die Arbeit hinterlässt, hat oft kein großes Interesse daran, Auskunft darüber zu geben, wie der tatsächliche Stand der Dinge ist. Vielleicht kam sie nicht so gut voran, weil ihr ihrerseits Steine in den Weg gelegt wurden, oder andere Bereiche mit ihren Aufgaben nicht überkamen. Vielleicht war auch ihre Motivation aus verschiedenen anderen Gründen nicht mehr auf höchstem Stand. Deshalb Urlaub/Jobwechsel. Bei einem Jobwechsel fühlt sich der Mitarbeiter meist schon nicht mehr dem Unternehmen verbunden, und wie sich die Kollegen mit den offenen Projekten herumschlagen, ist dann auch nebensächlich.

2. Die Führungskraft, die delegiert, hat die (Haupt-)Verantwortung, dass die Übergabe gut läuft.

Es wäre natürlich schön, wenn eine Führungskraft sich darauf verlassen kann, wenn sie fragt „Wie ist der Stand? Wieviel ist noch zu tun? Wie umfangreich ist das Thema?“, dass die Antwort: „Ach, das ist praktisch fertig, da müssen nur noch ein paar Kleinigkeiten geprüft/fertig gestellt werden. Mehr als 2 Wochen dauert das sicher nicht mehr“ eine wahre Antwort ist.

Kann sie aber in vielen Fällen nicht, wie eben dargestellt.

Natürlich sind die Mitarbeitenden erwachsen und verantwortlich für ihre Aufgaben. Aber in der Realität übernehmen viele Menschen nur ungern Verantwortung und benehmen sich auch nicht immer erwachsen. Gerade, wenn sie Vorgesetzten Rede und Antwort stehen sollen.

Gern belassen es aber Führungskräfte bei vagen Antworten ihrer Mitarbeitenden und suchen einfach einen Kollegen, der übernimmt.

Es ist Verantwortung der Führungskraft, in diesen Situationen vorher genau nachzuhaken, selbst, wenn ihr das fachliche Know-How fehlt. Da hilft auch, die Frage hinzuzufügen: „Kann ich mich auf diese Angaben verlassen, wenn ich das so weitergebe?“

Solange die Mitarbeitenden nach der Auszeit zurückkehren, schafft es keine gute Basis, wenn sie die Führungskraft bewusst oder durch eigene Unklarheit in ein Schlamassel laufen lassen.

Ein noch schlimmeres Problem ist, wenn die Führungskraft sogar erkennt, dass weitaus mehr Aufwand hinterlassen wird, als es den Kollegen gefallen wird. Leider neigen viele Führungskräfte in diesem Augenblick dazu, die Augen zuzumachen und den Schlamassel einfach über den Tisch zum Vertreter hinüberzuschieben. Im schlimmsten Fall werden dieselben falschen Angaben weitergegeben, die die Mitarbeiterin geäußert hat vor ihrem Abflug.

„Du, das ist nicht so viel, das kannst Du in wenigen Wochen nebenher erledigen. Ist fast nichts mehr.“

Eine Führungskraft sagte einmal ganz ehrlich: „Ich wusste doch, dass da einiges zu tun ist, aber dann hätte der Kollege vielleicht Probleme gemacht, oder sich geweigert, die Sache zu übernehmen.“

Wenn dann (berechtigte) Beschwerden des Kollegen im weiteren Verlauf kommen, reagiert die Führungskraft auch noch unwirsch und ungeduldig. Aus schlechtem Gewissen heraus.

Kurze Ernüchterung: Als Führungskraft musst Du genau das ertragen bzw. damit umgehen.

Sehr oft entstehen Probleme leider erst dadurch, dass die Führungskraft versucht, sich um Konflikte zu drücken.

Verlockend für die Führungskraft ist übrigens, wenn sie die ganze Sache – also den angefressenen Keks – in eine andere Abteilung abschieben kann. Dann sind es ja nicht ihre Mitarbeiter, die unzufrieden sind. Gegenüber einer anderen Führungskraft den Arbeitsaufwand zu „beschönigen“, fällt merkwürdigerweise leichter als gegenüber den eigenen Mitarbeitern.

Soll doch die andere Führungskraft in ihrem Team ins Fettnäpfchen treten.

Hier gilt für die nächste Führungskraft dasselbe: immer genau nach Art, Umfang und Stand der Dinge fragen. Selbst, wenn klar ist, dass man nicht ablehnen kann. Wichtig ist, ehrlich an sein Team herantreten zu können.

4 Punkte, um miese Projekte gut an den Mann/die Frau zu bringen

Damit sind wir auch schon bei den 4 Punkten zur Lösung für die Führungskraft, wenn es gilt, einen unschönen angefressenen Keks zu delegieren:

  1. Ehrlichkeit

  2. Verständnis wecken

  3. Verständnis zeigen

  4. Echte! Wertschätzung

Beispiel: Gut lief die - ursprünglich unehrliche - Projektübergabe in diesem Fall:

Ein Mitarbeiter hatte ein Projekt– vielleicht unbewusst, vielleicht bewusst – nicht so weit und nicht so gewissenhaft bis zum Datum der Auszeit bearbeitet, wie abgemacht war.

Lassen wir beiseite, ob die Führungskraft sich schon früher hätte informieren müssen; das Kind war in den Brunnen gefallen, der Mitarbeiter würde in 2 Wochen für ein paar Monate in die Elternzeit entschwinden. Die Führungskraft machte nun das einzig Richtige. Sie war ehrlich zu der Mitarbeiterin, die sie für die Aufgabe auswählte und sagte:

„Das ist keine schöne Sache, es tut mir wirklich leid. Ich fürchte, da wird einiges an extra Arbeit auf Dich zukommen. Aber wir haben jetzt diesen Keks, und wir müssen das hinkriegen. Welche Aufgaben kannst Du zurückstellen? Wo kannst Du abgeben, dann suchen wir Dir wenn möglich Unterstützung. Außerdem werde ich mich bemühen, dass wir Dir für Dein Einspringen etwas bieten, zum Beispiel …“

Die Mitarbeiterin war keineswegs erfreut, aber übernahm das Projekt. Ihrem Chef machte sie keine Vorwürfe. Er hatte ehrlich zugegeben, dass etwas nicht gut gelaufen war und dass von der Mitarbeiterin mehr als üblich verlangt würde. Er weckte Verständnis für seine Situation und zeigte ebenso Verständnis für ihre. Er zeigte, dass er ihre Unterstützung wertschätzte und es nicht nur bei einem lauen Schulterklopfen belassen würde.

Nicht die Wertschätzung unter den Tisch fallen lassen!

Wichtig ist natürlich, dass wirklich eine echte Wertschätzung erfolgt, je nachdem, was in dem Unternehmen möglich ist. Als Führungskraft solltest Du Dich deshalb ernsthaft um eine Anerkennung für den Mitarbeiter bemühen, wenn es Dir gelungen ist, das Projekt zu delegieren.

Wie Du als Führungskraft Deinen Stress reduzierst - Verantwortungen auseinanderhalten

Natürlich ist es schwierige, wenn Du als Führungskraft zwischen zwei Mitarbeitern so eine Arbeit delegieren sollst. Es ist nicht schön, den berechtigten Unmut der Mitarbeitenden abzubekommen, wenn man keine Elefantenhaut hat.

Du kannst es Dir erleichtern, wenn Du wirklich nur die Verantwortung übernimmst, die Dir als Führungskraft zufällt. Stelle Dir folgende Fragen:

1. Hätte ich verhindern/früher bemerken können, dass mein Mitarbeiter mit einem Projekt schlecht vorankommt?

Wenn das der Fall ist, dann ist es nicht zu umgehen, dass Du Dich beim Delegieren unwohl fühlen wirst. Selbst dann hilft den meisten, Verständnis beim übernehmenden Mitarbeiter zu wecken, wenn Du ehrlich zugibst, nicht alles im Blick gehabt zu haben, und vorhast, zukünftig anders zu verfahren.

Selbst, wenn Du es nicht bemerken konntest – lass Dich nicht verführen, alles auf den Mitarbeiter im Urlaub abzuschieben, solange Du keine Konsequenzen als Führungskraft aus der Sache ziehen wirst. Dafür werden die anderen Mitarbeitenden ansonsten wenig Verständnis aufbringen können.

2. Muss ich den angefressenen Keks überhaupt annehmen/delegieren?

Manche Führungskraft neigt dazu, vorschnell Aufgaben weiterzugeben.

Kann das Projekt wirklich nicht warten, bis die Mitarbeitenden aus dem Urlaub zurück ist? Können eventuelle andere Parteien des Projekts dazu bewegt werden, etwas länger zu warten (natürlich ist immer alles brennend wichtig, wenn man anfragt, aber auf Nachhaken hin ändert sich das oft) Gut, bei Elternzeit wie im obigen Beispiel können die Sachen normalerweise nicht liegen bleiben.

Kommt die Anfrage – oder besser Ansage – aus einer anderen Abteilung zucken auch viele Führungskräfte zu schnell und übernehmen. Besser ist es, erst einmal genau nachzufragen. Das hat nichts mit Unkollegialität zu tun. Du als Führungskraft bist schließlich für das Wohlergehen Deines Teams verantwortlich. Mehr Arbeit als nötig, musst Du ihnen nicht zumuten. Schon gar nicht, wenn andere nur gern etwas los sein wollen.

Je genauer die andere Führungskraft Dir das Anliegen schildern muss, desto schlechter kann man Dir unangenehme Sachen unterschieben.

3. Habe ich also überhaupt Verantwortung, dass der Schlamassel entstanden ist?

Diese Frage ist etwas anders als 1., aber besonders wichtig, wenn Du die Führungskraft bist, die aus einer anderen Abteilung einen angefressenen Keks rübergeschoben bekommt, und ihn nun deinen Mitarbeitern „unterjubeln“ sollst.

In diesem Fall hast Du es leichter - eigentlich. Leider setzen sich hier Führungskräfte schnell unter Druck, weil sie es allen Recht machen wollen, oder weil sie sich nicht nur den Keks, sondern auch noch die Verantwortung der anderen Führungskraft aufladen lassen.

Du hast in diesem Fall keinen Grund Dich unwohl zu fühlen, wenn Du die 2. Frage mit „Nein“ beantworten kannst. Dann kannst Du vor Dein Team, oder die jeweilige Mitarbeiterin, die es trifft, treten und es machen, wie eine andere Führungskraft, die ihren Fall schilderte.

„Ich habe erst einmal klar gemacht, dass ich sauer über die Kollegen bin, aber dass aus den Gründen x und y wir keine Chance haben, Nein zu sagen. Dass ich nun sehen muss, wie mein Team aufräumt, was andere vertrödelt haben, und dafür nun meine fähigste Kraft auswählen musste.“ Dann folgten auch bei ihr Punkt 3 und 4 (Verständnis für den Mitarbeiter und Wertschätzung). So war sie als Chefin souverän, übernahm nur die Verantwortung, die tatsächlich ihre war und ließ die übrige dort, wo sie hin gehörte.

„Ich fühlte mich erstaunlich ruhig, als ich meinem Mitarbeiter dieses Ding an den Hals hängen musste“, sagt sie. „Es war wirklich eine hässliche Sache. Trotzdem konnte ich mich danach auf seinen Einsatz verlassen.“

Wie kannst Du als Führungskraft die Last der Verantwortung - und damit Stress - sonst noch vermindern?

Du kannst schon im Vorhinein Einfluss darauf nehmen, dass zumindest in Deinem Team nur appetitlich angebissene Kekse übergeben werden.

Du kannst als Teamkultur einführen, dass von jedem erwartet wird, eine ordentliche und ehrliche Übergabe zu machen.

Auch gut ist, wenn die Mitarbeitenden an erster Stelle sich selbst um eine Vertretung kümmern müssen. Denn den Kollegen ins Gesicht schauen, während man wahrheitswidrig den Arbeitsaufwand schildert, anstatt sich hinter der Führungskraft zu verstecken, fällt schon mal vielen Leuten schwerer.

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